Manche Völker haben einfach eine andere Mentalität. So sind in Japan Roboterhunde als Haustierersatz sehr beliebt. Das ist hierzulande kaum vorstellbar. Solche Mentalitäten sind natürlich zu respektieren, man muss sie aber nicht unbedingt teilen.
Nicht nur die Koreaner verstehen unter einem Smarthome ein Haus, in dem die unterschiedlichsten Getäte vernetzt sind. Diese Vernetzung und Interaktion der verschiedensten Geräte definiert ein Smarthome, und daraus soll letztlich ein Mehrwert gezogen werden. So soll ein Smarthome über Regelsätze und Sensoren sowie Aktoren Dinge vereinfachen, Energie sparen, und Häuser sicherer machen.
Soll..., und da liegt der Hund begraben.
Sicherheitselemente, wie Alarmanlagen oder smarte Türschlösser, die ein Vierzehnjähriger mit Schul-IT-Kenntnissen mittels seines Smartphones unterminiert, sind weniger sicher, als ein herkömmliches Schloss, das dazu ein Brecheisen benötigt.
Bei einem Haus, das ständig von einer Familie bewohnt ist, spar ich keine oder kaum Energie, wenn die Heizung heruntergedreht wird, wenn niemand da ist, eben weil eigentlich immer jemand da ist. Thermostate, die die Heizung abdrehen, wenn im Winter gelüftet wird, weil die Temperatur sehr schnell fällt, brauchen ebenfalls kein Smarthome.
Komfort, z.B. bestimmte Lichtszenen zum Fernsehabend, erfordert relativ hohe Investitionen (der Einbau von Roladenmotoren ist nicht trivial und erfordert ggf. die Verlegung von Leitungen) und bringt dafür einen verhältnismäßig kleinen Komfortgewinn, Rolladen herunterlassen und Licht dimmen geht auch so sehr schnell.
Wer zur Miete wohnt, und mit dem Gedanken spielt, in näherer Zukunft umzuziehen, weiss nicht, ob sich solche Investitionen überhaupt lohnen, und ob ein Nachmieter bereit ist, die smarte Einrichtung zu übernehmen.
Daneben gibt es noch zwei weitere Aspekte. Das Leben kennt viele Situationen, die man nicht vorhersehen kann, und die daher in der starren Regelsatzlogik der meisten Smarthomelösungen zunächst nicht berücksichtigt sind. Deshalb wird ein Smarthome immer entweder unperfekt sein, und manuelle Eingriffe erfordern, oder man frickelt ewig am Regelsatz herum, und steckt mehr Zeit in das Smarthome, als man damit einspart.
Zuletzt sehe ich in der Vernetzung von Dingen, die nichts miteinander zu tun haben, eine unnötige Zentralisierung von Funktionalität, die, ohne irgendeinen Synergie-Gewinn, die Komplexität eines technischen Systems erhöht, und es damit anfälliger und schwerer zu warten macht.
Wenn also eine Regel fehlerhaft oder unvollständig ist, und dann Funktionen meines Zuhauses nicht mehr ohne Eingriff in die Logik funktionieren, dann sehe ich darin eher eine Verminderung von Komfort als eine Erhöhung.
Unter Betrachtung einer solchen Kosten-Nutzen-Analyse sehe ich ein Smarthome derzeit eher als kontraproduktiv, als nicht sinnvolles Engagement.
Das muss aber nicht so bleiben. Im Alter hat Komfort einen ganz anderen Stellenwert, hier könnte die Bewertung völlig anders ausfallen. Wenn es mal tageszeitabhängige Stromtarife geben sollte, könnten schon wirtschaftliche Überlegungen die tarifabhängige Steuerung von Haushaltsgeräten wie Waschtrocknern sinnvoll machen (hier schon wieder so ein Problem: Wäsche, die anschliessend getrocknet werden muss, kann man nicht automatisch nach Tarif waschen, wenn nicht anschliessend jemand manuell die Trocknung veranlasst, wozu die Wäsche umgefüllt werden muss, weil Waschtrockner doch wenig verbreitet sind, und wenn sie nur halb gefüllt werden dürfen, auch nicht unbedingt wirtschaftlich sinnvoll sind).
Ich denke also, so peu a peu werden die Häuser und Wohnungen ohnehin smarter. Dass man das nicht noch befeuern muss, sehe anscheinend nicht nur ich so.
Seit Jahren versucht die einschlägige Industrie, mit eher mäßigem Erfolg, Smarthome-Lösungen zu verkaufen. Erst in letzter Zeit, mit sinkenden Preisen, komfortabler und kostengünstiger Funkvernetzung, sich ausbreitenden Internetanschlüssen und mobilen Geräten, scheint der Markt etwas anzuziehen.
— geändert am 25.05.2017, 19:06:46
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