MajorTom
Da bis heute die Liste der Selektoren nicht offen liegt, vermute ich da einiges im argen.
Was NSA und GCHQ (offenbar in Zusammenarbeit mit dem BND) gemacht haben, ist deren Aufgabe. Ob sie das innerhalb des Rechtssystems gemacht haben, ist eine rechtliche Frage und bei dessen Bewertung spielen die Selektoren eine Rolle. Für unsere tägliche Nutzung von Kommunikationsmitteln geht das Thema jedoch vollkommen an der Praxis vorbei.
Was die westlichen Geheimdienste gemacht haben, ist ans Tageslicht gekommen. Aber andere, uns weniger freundlich gesinnte Geheimdienste machen mich Sicherheit das gleiche. Aber in China, Nordkorea, Rußland, terroristischen Vereinigungen wird das ganz sicher nicht in Talkshows diskutiert. Dass Snowden in Rußland sitzt, ist ein Politikum, mit dem sich Rußland einen menschlichen Anstrich geben kann. Deren FSB macht aber genaus das gleiche wie die NSA.
Für mich zeigt der Skandal vielmehr, dass das, was Geheimdienste heute machen können, morgen aufgrund der steigenden Rechenleistung für jedermann möglich ist. Man halte sich nur vor Augen, dass wir heute mit unserem Smartphone für 300 Euro bereits mehr Rechenleistung mit uns führen, als für die Technik für Apollo 11 zur Verfügung stand. Dann haben wir mehrere Smart Devices (Telefone, Tablets, Uhren, Fernseher, Multimediasysteme) im Haushalt. Das Internet of Things ist nicht mehr aufzuhalten.
Der normale Anwender kann einen Datenstrom aus Bits nicht lesen. Das macht den Eindruck, dass er auch von anderen nicht gelesen werden kann. In Wirklichkeit ist das aber wie eine Postkarte für jeden zu lesen, der Zugriff erhält. Bei der Postkarte kann man noch halbwegs abschätzen, wer potenziell Zugriff bekommt. Bei der elektronischen Kommunikation sind aber alle Internetteilnehmer weltweit potenzielle Mitleser.
Das ist für mich der Grund, auf Verschlüsselung zu achten. Und weil es Privatpersonen mit wenig Kosten möglich ist, Verschlüsselungen zu knacken, sollte die Verschlüsselung stark genug sein. Dass sie dann auch stark genug sind, auch von Geheimdiensten nicht geknackt werden zu können, ist ein Abfallprodukt.
Das ist die private Bewertung. Beruflich ist das ganze strenger zu bewerten und dort gibt es weitere Abstufungen. Bei einem Unternehmen mag sie weniger streng ausfallen, als bei anderen.
Privatsphäre ist ein Grundbedürfnis eines jeden von uns und sie wird von uns mit Smart Devices aufgegeben. Man urteilt sehr schnell "Ich habe nichts zu verbergen", würde aber dem Bäcker nicht seinen Standortverlauf beim Kauf der Brötchen geben. Man flüstert seinem Gegenüber etwas ins Ohr, weil es zufällige und neugierige Mithörer nicht mitbekommen sollen.
Das Problem mit Computern und Smart Devices ist aber, dass wir gar nicht merken, wer mithört. Damit fühlen wir uns sicher und teilen Google, Apple, Microsoft, Facebook und vielen Geheimdiensten unbewußt viel zu viel mit. Uns ict nicht einmal bewußt, dass wir Daten unserer Freunde, Bekannten und Verwandten in die Welt posaunen und damit deren Persönlichkeitsrechte mit Füßen treten.
Wenn wir uns dessen doch bewußt werden, rechtfertigen wir uns mit der Aussage, "Die machen doch das gleiche mit meinen Daten." Eigentlich eine Form von Selbstjustiz! Oder wir resignieren: "Man kann sich dem ja gar nicht entziehen."
Es ist richtig, einer kann gar nichts ausrichten. Viele können jedoch schon etwas erreichen und wir alle sind eine Macht. Schließlich hatten wir auch die Macht, Google, Microsoft, Facebook und Apple so groß zu machen. Auch, wenn wir das unbewußt getan haben, sind wir es gewesen. Welche Möglichkeiten hätten wir, wenn wir bewußt als Kollektiv handeln würden?
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